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Preisträger 11
Der wiederaufgebaute Ostflügel des Naturkundemuseums nimmt zentrale Objekte der zoologischen Sammlung, Teile des Archivs sowie Arbeitsplätze für die Forschung auf. Diese Anforderungen waren innerhalb des Rahmens der vorhandenen baulichen Fragmente und des existierenden Museumskomplexes zu realisieren. Wie es den Architekten dabei gelingt, Sammlung, Forschung und moderne Museumspädagogik zu ermöglichen und zu verbinden, imponiert. Dabei ergibt gerade die Auseinandersetzung mit dem baulichen Programm des Ostflügels mit dem Wunsch, ein Wunde der Gebäudestruktur zu heilen, das Spannungsfeld, auf dem sich der Entwurf spielerisch entfaltet. Architektonisch ist diese Auseinandersetzung gelungen. Die entstandene Architektur ist streng logisch entwickelt und radikal konstruiert worden. Der besondere Wert besteht darin, dass zugleich eine eigene Art von künstlerischer Poesie erzeugt wird, die auch zukünftigen Generation Freude an der Rezeption und Interpretation machen wird.
Entscheidenden Anteil daran hat die besondere Form, wie die Rekonstruktion der Fassade inszeniert wurde. Für die Ergänzung der fehlenden Fassadenbereiche wurden von den originalen Fassaden Silikonabdrücke angefertigt, die dann ausgegossen wurden und als Betonfertigteile die Fehlstellen ergänzen. Das Gebäude wird in diesem Bereich zum Bühnenbild aus Beton – für seine eigene Geschichte und die umgebende städtische Struktur. Der Beton bewahrt mit seiner Fähigkeit, Bild seiner Herstellung zu sein, die Architekten davor, einen platten Wiederaufbau zu wagen. Ohne falsche Realitäten zu schaffen, wird intelligent die Forderung nach falschen Realitäten umgesetzt. Mit nahezu traumwandlerischer Sicherheit formuliert der Entwurf damit ein Statement, welches bei allen zeitgenössischen architektur- und gesellschaftstheoretischen Diskussionen über Rekonstruktion und Neubau ernst genommen werden sollte.
Begründung der Jury des Architekturpreises Beton 2011