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Preisträger 20

St. Agnes — König Galerie, Berlin (Brandlhuber+ Emde, Burlon, Berlin, mit Riegler Riewe Architekten, Berlin)
Foto: Ute Zscharnt

St. Agnes war ein katholisches Gemeindezentrum in der Alexandrinenstraße in Berlin-Kreuzberg, das nach Plänen von Werner Düttmann zwischen 1964 und 1967 entstand. Nachdem die Gemeinde 2005 die Anlage aufgegeben hatte, wurde das Bauwerk nach Ideen des Büros Brandlhuber von Riegler Riewe für den Galeristen Johann König umgebaut. Dafür wurde zunächst das Gemeindezentrum mit wenig Aufwand für kulturelle und gewerbliche Zwecke hergerichtet: Heute sind hier ein Architekturbüro, eine Bildungseinrichtung, ein Kunstbuchverlag, ein Kulturmagazin und ein Café untergebracht. Dabei gelang es den Architekten, den rüden Charme des Betonbaus und dessen befremdliche Wirkung zu erhalten. Das Beeindruckendste des Bestandsbaus war der große einheitliche Kirchenraum mit seinen hohen, grau verputzten Wänden, der sich – auch heute noch - durch gedrungene Joche mit leicht eingezogenen Stützen zu dunklen Seitenschiffen öffnet, die teilweise aus geborgenen Trümmerziegeln aufgemauert sind. Die trotz – oder wegen - der vermeintlich groben Form und Materialität unbedingt erforderliche Sensibilität im Umgang mit Substanz und Raum gab Anlass zu einem „minimalinvasiven Eingriff“: Neben der Sanierung der Wände und des Daches schlugen die Architekten vor, in den großen Raum einen Betontisch auf Reihen von Stützen mit rechteckigem Querschnitt zu setzen. So entstand eine zweite Ebene, deren durch eine umlaufende Fuge von den Bestandswänden geschiedene Unterseite als Decke des Erdgeschosses die sakrale Wirkung des Raums mildert, aber die feierliche Atmosphäre nicht grundsätzlich zerstört.

Die horizontale Unterteilung ermöglicht die gesamte neue technische und mediale Versorgung des Bauwerks und eine funktionale Trennung: Im narthexähnlichen Vorraum sind nun ein Empfangstresen und die Bibliothek untergebracht, das Erdgeschoss des ehemaligen Schiffs nimmt das Schaulager der Galerie auf und sondert in der ehemaligen, durch Stufen leicht erhöhten Chorzone eine Fläche für Bürozwecke aus. Das neue Obergeschoss wird durch das wuchtige, auf quadratischem Grundriss ansteigende Treppenhaus des Turms gleich neben dem Eingang in die ehemalige Kirche erschlossen. Der Wechsel des dunklen, geführten Wegeraums des Treppenhauses in den hellen, weiten, freilassenden Ortraum der Ausstellungshalle ist die vielleicht schönste architektonische Wirkung, die der Umbau zu bieten hat. Die Architekten haben Düttmanns große Raumidee für St. Agnes so fortgeführt, dass trotz neuer Nutzung und eingreifender Veränderung die Raumwirkung des Baus erhalten, wenn nicht sogar intensiviert worden ist: Das verdient Anerkennung.

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